In diesem Beitrag, 2007 erschienen, analysiert Roland Baader Ursachen der jüngsten Finanz- und Währungskrise. Er beschreibt die zentrale Rolle der Zentralbanken in der Entstehung der Krise. Basierend auf den Erkenntnissen der Österreichischen Schule der Ökonomie entwickelt Baader Vorschläge für eine Reform des Geldsystems.
Als kürzlich Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington tagten, war eines der Themen die US-Hypothekenkrise und ihre globalen Folgen. Auch dort wurde der Ruf nach Regulierung, schärferer Bankenaufsicht oder der Genehmigung von Kreditverbriefung laut. Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller, zugleich Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, warnt schon vor staatlichem Übereifer. Der Finanzsektor habe zwar eine Mitschuld an der Krise. Die „überreichliche Liquidität“ habe zu Margendruck geführt. „Aber keiner hat uns mit Pistolen und Peitschen in diesen Markt hineingezwungen“, erklärte er in der Financial Times Deutschland. Viele Finanzinstitute seien nicht sorgfältig genug vorgegangen. „Die grosse Lehre der Krise ist, dass sich keiner nur auf andere verlassen sollte, weder auf Ratingagenturen, Wirtschaftsprüfer oder auf die Aufsicht. Das Entscheidende ist das eigene Risikomanagement. Keiner sollte deshalb ein Produkt kaufen, das er nicht versteht.“ Doch kann wirklich „Sorgfalt“ oder staatliche Regulierung einen weltweiten „Crash“ verhindern?
Staatsmonopolistisches wertloses Papiergeld
Als Mitte August die wichtigsten Zentralbanken der Welt den Banken innerhalb von nur zwei Tagen 300 Milliarden Dollar an zusätzlicher Liquidität zur Verfügung stellten, entsprach diese Summe – um sie anschaulicher zu machen – einem Betrag von fünfzig Dollar je Kopf der sechs Milliarden Menschen umfassenden Weltbevölkerung. Und als der Schweizer Bankengigant UBS kürzlich bekannt gab, fürs dritte Quartal 2007 im „Subprime“-Geschäft (dem US-Markt für bonitätsschwache Hypotheken) vier Milliarden Franken abschreiben zu müssen, entsprach diese Summe einem Betrag von 530 Franken auf jeden Kopf der 7,5 Millionen Einwohner der Schweiz. Es geht also bei der Krise, deren Anfang wir gerade erleben, um existenzbedrohende Grössenordnungen für das Weltfinanzsystem.
Dem Weltsozialprodukt von etwa 50.000 Milliarden Dollar steht eine globale Summe liquider Finanzanlagen – inklusive Derivaten – vom Sechsfachen (300.000 Milliarden) gegenüber. Allein die Nominalwerte der ausgestellten CDOs (Collateral Debt Obligations), von denen mindestens ein Viertel als „stark gefährdet“ eingestuft wird, übersteigt mit rund 1.000 Milliarden Dollar das Gesamtkapital der US-Banken von zirka 875 Milliarden Dollar. Man bedenke, dass es sich bei den Finanzanlagen im fiat money-System (deckungsloses Papiergeld) im gleichen Umfang um Schulden handelt. Der Laien-Spruch, dass nichts passieren könne, weil den Schulden in gleicher Höhe Forderungen gegenüberstünden, ist Unsinn. Wenn mein Schuldner nicht mehr zahlen kann, dann ist nicht nur er bankrott, sondern auch ich als Gläubiger.
Was nun ist die Ursache dieser „überreichlichen Liquidität“ (Müller), dieser Ozeane aus Geld, Kredit und Schulden? Und wer ist schuld an den Aktien-, Immobilien-, Hypotheken-, Kredit- und Derivate-Blasen – und an ihrem jeweiligen Platzen? Die Ursachenzuweisungen, die die Zeitungen der Welt füllen, bleiben allesamt an der Oberfläche. Bei allen ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Vorgängen, Mechanismen, Institutionen, Einzel- und Kollektiv-Aktionen handelt es sich fast ausnahmslos um Folgeerscheinungen der unbenannt bleibenden Primärquelle des Desasters. Die eigentlichen Ursachen der heraufziehenden Weltfinanz- und Weltwirtschaftskrise sind das sozialistische Geld (staatsmonopolistisches wertloses Papiergeld) und die mit ihm einhergehende planwirtschaftliche Lenkung der Zinsen und der Geld- und Kreditmengen.
Das fractional reserve banking (das auf dem Mindestreservesystem beruhende Bankwesen) und seine systemnotwendigen Steuermänner – die Zentralbanken – segeln mit mathematischer Gewissheit ihrem Untergang entgegen. Die zwischenzeitlich auftretenden Klein- und Grosskrisen sind nur die dem finalen Orkan vorausgehenden Sturmböen. Konsumenten, Anleger, Banker, Hausbauer, Unternehmer und Politiker folgen Anreizen. Und wenn die Anreize irreführend sind, beispielsweise politisch niedergeknüppelte Zinsen (bis hin zu einem negativen Realzins), dann treffen diese Menschen falsche Entscheidungen, die später schmerzlich korrigiert werden müssen. Das Öffnen der Kreditschleusen lässt die Verschuldungsbereitschaft – und somit die Geld- und Kreditmengen – ins Astronomische wachsen. Immer mehr Geld jagt eine geringer wachsende Gütermenge. Die Preisinflation erhebt ihr Medusenhaupt. Mal findet sie auf den Konsumgütermärkten statt, mal (wie im letzten Jahrzehnt) vorrangig an den Märkten für Vermögensgüter (Aktien, Immobilien etc.).
Eine entscheidende Frage des Überlebens der Zivilisation
Fehlt dem Geld ein Anker, wie er einer Goldwährung wegen der nicht beliebigen Vermehrbarkeit des Goldes eigen ist, wird es durch uferlose Vermehrung immer wertloser und überschwemmt als Schuldenmeer den Globus. Kein Wunder, dass der Dollar seit seiner Lösung vom Gold (1971) 90 Prozent seiner Kaufkraft verloren hat. Zentralbanken sind Inflationsmaschinen. Und das ist auch ihr eigentlicher Zweck. Sie sorgen dafür, dass Staat und Regierung endlose Schuldenorgien feiern können und dass die Staatsschulden permanent auf Kosten der Sparer und Konsumenten entwertet werden, sowie dafür, dass die Geld- und Kreditkartelle aus Staatsapparaten und Hochfinanz die Arbeitserträge der Weltbevölkerung zunehmend an sich reissen können. Man nenne das nicht Kapitalismus oder Marktwirtschaft. Das sozialistische fiat money und die „planwirtschaftliche“ Geld-, Kredit- und Zinspolitik haben mit Kapitalismus und freien Märkten nichts zu tun. Im Gegenteil: Sie zerstören Markt und Freiheit. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek ist daher in seinem letzten Werk (Denationalisation of Money: The argument refined) eindringlich für die Entstaatlichung des Geldes eingetreten und hat die rasche Rückkehr zu einem konkurrierenden und sachwertunterlegten Privatgeld eine Frage des „Überlebens der Zivilisation“ genannt. Das einzig wahre und echte kapitalistische Geld, das seinen Ursprung auf freien Märkten hatte, ist das Gold. Es lässt sich nicht beliebig vermehren – und mit Gold als Geld lassen sich die Völker nicht ausbeuten, weil man mit ihm keine Inflation erzeugen kann. Mit ihm lassen sich keine Kriege führen und keine wohlfahrtsstaatlichen Machtspiele gewinnen. Deshalb hassen es die politischen Kasten wie die Pest.
Es gab in den Industrienationen vor dem Ersten Weltkrieg ein Jahrhundert des gesunden Geldes. In diesem Jahrhundert erhöhte sich der Reichtum der Welt um mehr als in allen vorangegangenen Zeiten der Menschheit. In jener Zeit des kapitalistischen Marktgeldes namens Goldwährung konnten die Staaten das Geld und den Kredit nicht manipulieren, und die Währungen mussten nicht von Funktionären „gemanagt“ werden. Sozialismus und Zentralverwaltungswirtschaft hingegen führten und führen immer und überall zum Ruin, auch und besonders beim Geldwesen. Deshalb ist der Zusammenbruch des fiat money-Systems und seiner Zentralbank-Krücken letztlich unvermeidlich. Wenn die Menschen Frieden und Wohlstand, Freiheit und Zivilisation wollen, müssen sie zum Goldgeld zurückkehren.
Falsches Geld und echte Krisen, in: Junge Freiheit v. 2.11.2007, S. 9.