„Österreichische Schule: Falsche Theorien führen in die Katastrophe“


Einzig die Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie haben die aktuelle Weltkrise vorhergesehen und deren Ursachen erkannt.

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen

Nach wie vor ist Ludwig von Mises’ „Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel“ von 1912 das beste geldtheoretische Werk der Ökonomie. Im Vorwort zur englischen Ausgabe von 1981 bezeichnete Murray Rothbard die Österreichische Schule der Nationalökonomie als „Ausbruch des Lichts in die Welt der Ökonomie“ – und speziell das Mises-Buch als „die Großtat der Integration von (mikroökonomischer) Geldtheorie und Makrotheorie, des Aufbaus der Geldtheorie auf den individualistischen Bausteinen der ökonomischen Analyse“. Zugleich konstatierte Rothbard, dass die aktuellen ökonomischen Mainstream-Lehren von dieser Erkenntnisleistung weiter entfernt seien als je zuvor. Dass nicht ein einziger Vertreter der herrschenden Wirtschaftslehre die 2008 einsetzende Finanzkrise hat kommen sehen, sollte selbst den verbohrtesten Keynesianern und Anhängern der „neoklassischen Synthese“ (Synthese zwischen Neoklassik und Keynes) zu denken geben. Und zwar umso mehr, als zugleich alle Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie (im Folgenden „Austrians“) vor dem kommenden Finanz-Tsunami gewarnt haben.

Und zwar spätestens ab dem Greenspan’schen Geldzauber nach dem 11. September 2001. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, lautet ein weises Bibelwort – und demgemäß folgt aus der besagten Divergenz zwingend der Schluss, dass die herrschenden ökonomischen Theorien in weiten Teilen falsch sind, während das Theoriegebäude der Austrians die Wirklichkeit richtig oder wesentlich zutreffender abbildet.

Keynes’ Irrlehren

Das war schon so zur Zeit der Großen Depression der 30er Jahre. Mises hatte die Depression bereits in den 20er Jahren vorhergesagt, und nach Eintritt der Katastrophe wurde seine Konjunkturtheorie als deren schlüssige Erklärung akzeptiert. Doch gerade als sich diese Gedanken in der angelsächsischen Welt ausbreiteten, kam die sog. Keynes’sche Revolution und überschwemmte die Nationalökonomie mit ihren Irrlehren. „Sie zog sogar diejenigen an“, schreibt Rothbard, „die es besser wussten. Die Keynes-Theorien gewannen nicht, indem sie die Mises’schen Ideen widerlegten, sondern indem sie diese schlicht ignorierten. Sie führten die Welt mit einem künstlich beeindruckenden Jargon in den alten ungesunden Inflationismus.“ Mit Blick auf die USA der frühen 20er Jahre – und als hätte er die Wiederkehr des papierenen Geldwahns in der keynesianischen Zukunft vorausgeahnt – hatte Mises 1924 geschrieben: „Der naive Inflationismus fordert Vermehrung der Geldmenge ohne zu ahnen, dass [dies] die Kaufkraft der Geldeinheit vermindert. Er will mehr Geld sehen, weil Geldfülle in seinen Augen schon Reichtum ist. Fiat money!“ Und das herrschende polit-ökonomische Delirium geißelnd, fügte er sarkastisch hinzu: „Wie töricht doch, wenn man auf die Möglichkeit, alle reich und damit glücklich zu machen, die dem Staat durch das Recht der Geldschöpfung verliehen wurde, verzichten wollt. Wie verbrecherisch von den Nationalökonomen, zu behaupten, es stünde nicht in der Macht des Staates, durch die Notenpresse Reichtum zu schaffen.“ Die Austrians hatten längst erkannt, dass staatliches Gelddrucken nur eine andere Form der Besteuerung ist, ein indirekter Raub an der Kaufkraft der Währung – und damit an den Einkommen und Vermögen der Bürger.

Große Depression und New Deal

Was war in den 20er Jahren in den USA geschehen? 1913 war das Federal Reserve System (Zentralbank, kurz „Fed“) gegründet worden. Alsbald verfiel die Fed in eine wilde Orgie des „easy money“, des leichten Kreditgeldes. Diese Politik hat zu den „wilden Zwanzigern“ (The Roaring Twenties) geführt. In Anbetracht der enormen Produktivitätsfortschritte jener Zeit hätten die Preise eigentlich sinken müssen. Das wurde jedoch durch die Politik des leichten Geldes (Ausweitung der Geld- und Kreditmengen) verhindert. Unter dem äußerlich „stabilen“ Preisniveau (versteckte Preisinflation) fanden gewaltige Verzerrungen in der Investitionsstruktur und beim Verhältnis zwischen Ersparnissen und Investitionen statt, vor allem weil der Leitzins des Bankensystems weit unter den natürlichen Zins gedrückt wurde.

Als dann die Geldmengenflut mit Verzögerung doch zu massivem Preisanstieg führte, trat die Fed auf die Bremse und brachte das Kartenhaus zum Einsturz. Keineswegs aber war es so, wie allgemein behauptet wird, dass die Fed beim Börsencrash vom Oktober 1929 die Zinsen zu wenig gesenkt und somit die Depression erst ausgelöst hätte. In Wirklichkeit hat die Zentralbank ab Oktober 1929 die Zinsen in Windeseile von 6 % auf 1,5 % gesenkt. Triebkraft der Krise waren die von der Fed-Politik verursachten strukturellen Verzerrungen sowie die Extremverschuldung in den USA, die heute übrigens jedoch beträchtlich höher ist. Die irgendwann unvermeidlichen Anpassungen der Marktkräfte und das Entweichen der heißen Luft aus dem Schuldenballon waren die Ursachen für die Abwärtsspirale und die Große Depression der 30er Jahre. Alsbald trat ein, was wir heute wieder erleben: Statt die wahren Schuldigen zu benennen, nämlich Fiat Money, Zentralbank (Geldmengenaufblähung und Zinsdiktat) und Wohlfahrtspolitik, ist es der Regierung und den Intellektuellen gelungen, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass das Problem der „allzu großen Freiheit des Marktes“ zu verdanken sei. Auf diese Weise konnte den Amerikanern eine gewaltige Dosis vom selben Gift verabreicht werden, das die ursprüngliche Krankheit verursacht hatte. Präsident F. D. Roosevelt inszenierte den sog. New Deal, ein Maßnahmenbündel aus Staatsausgaben, Wohlfahrtsleistungen, Interventionen, Protektionismen, Kontrollen und Notgesetzen (z. T. der abstrusesten Art, wie das Verbrennen von Getreide und die Massenschlachtung von Schweinen). Damit wurden die notwendigen Anpassungen verhindert, die Depression verschlimmert und um viele Jahre verlängert.

Geldflut und Zinsdiktat

Erschreckend sind die Parallelen zur heutigen Situation: Der Globalisierungsdruck hätte eigentlich in den 90er Jahren und nach der Jahrtausendwende zu massiv sinkenden Konsumgüterpreisen führen müssen. Die gigantischen Geldmengenerhöhungen mit oft zweistelligen Jahresraten und das fortgesetzte Niederfahren der Zinsen weit in den realen Negativbereich haben das jedoch verhindert und ein relativ akzeptables Konsumgüterpreisniveau vorgetäuscht. Viele der von Mathematik und Makrotheorie schon lange benebelten Ökonomen haben daraus sogar den Schluss gezogen, die Zentralbanken sollten die Beobachtung der Geldmengenveränderungen aufgeben, weil zwischen diesen und den Preisen ohnehin keine Verbindung mehr bestehe. Wenn sie den genannten Zusammenhang schon nicht verstanden haben, so hätten sie wenigstens die Korrelation zwischen Geldmengenexplosion und Aufblähung der Vermögensgüterpreise registrieren sollen. Das Niederfahren der Zinsen wurde nach der Loslösung des Dollars von seiner letzten Goldbindung (Goldeinlösepflicht zwischen Zentralbanken) im Jahr 1971 zur Dauerbeschäftigung der Zentralbanken. Die Geldpolitik wurde fast vollständig in den Dienst der Konjunkturpolitik gestellt. Jede Delle im Konsum und im Verlauf der Börsen wurde mit einer Ausweitung der Geld- und Kreditmenge beantwortet. Jede Marktbereinigung nach Übertreibungen wurde mit neuen Kreditgeldmassen verhindert. Geradezu makabre Ausmaße nahm dieses Spiel unter dem Fed-Grossfürsten Greenspan an. Während die Preise der Konsumgüter wegen des Globalisierungsdrucks nur mäßig stiegen, pumpten die Geldfluten immer neue Blasen bei den Vermögensgütern auf: Aktienblase, Immobilienblase, Hypothekenblase, Derivateblase. Permanent steigende Immobilienpreise bei gleichzeitig weiter sinkenden Zinsen setzten für die Amerikaner und viele Menschen in anderen Ländern Anreize zu immer abstruseren Finanzierungen und zu Konsum- und Verschuldungsorgien, wie sie die Welt bislang noch nicht gesehen hatte. Zugleich überschlugen sich Banken und Finanzkonzerne mit der Kreation immer aberwitzigerer Anlagepapiere. Allein die Derivate (von Schulden abgeleitete Schuldpapiere) hatten Ende 2008 weltweit ein Volumen von 850.000 Mrd. USD angenommen – also rund das 17-Fache des Weltsozialprodukts. Alle wollten und sollten mühelos reich werden.

Kollaps der Illusions- und Betrugswirtschaft

Prosperität kommt aber von harter Arbeit und vom Sparen sowie vom sorgsamen Investieren des Ersparten – und eben nicht vom Konsum, und schon gar nicht vom Konsum mit geliehenem Geld. So wie sich ein Mensch nicht reich konsumieren und nicht reich verschulden kann, so kann es auch eine Volkswirtschaft nicht. Früher oder später muss Ernüchterung einkehren und das Kartenhaus zusammenbrechen. Die irrwitzige Weltverschuldung alsdann mit neuen Billionen-Schulden heilen zu wollen und zu glauben, die Regierungen und Zentralbanken könnten den Zusammenbruch der babylonischen Türme mit Ozeanen aus neuem Schuldengeld verhindern, bedeutet Feuerlöschen mit Benzin und gleicht dem Versuch, einen überprallen Reifen vor dem Platzen zu bewahren, indem man ihn noch weiter aufbläst. Das ist nur Herumkurieren an den Symptomen mit demselben Gift, durch das die Krankheit erst entstanden ist. Die aktuell ablaufende Weltwirtschaftskrise ist die Heilkur, die von den (restlichen, von der Politik noch übrig gelassenen) Marktkräften erzwungen wird. Sie mit immer noch mehr Papier- und Kreditgeld verhindern oder auch nur lindern zu wollen, wird die Krankheit verlängern und verschlimmern – und schließlich zum Tod des Patienten führen, zum vollständigen Zusammenbruch des Wirtschaftssystems sowie aller wichtigen Währungen.

Keineswegs ist es so, wie Kanzlerin Merkel und alle sog. „Experten“ meinen, dass die Selbstheilungskräfte des Marktes nicht ausreichen und dass deshalb Staat und Zentralbanken mit Billionen zur Bekämpfung der Krise einspringen müssen. Das Gegenteil ist richtig: Die Marktkräfte heilen nun mit brutalen Therapien die von Politik und staatlich lizenzierten Kreditzauberern verursachte schwere Erkrankung des Finanzsystems. Der brillante US-Journalist und Austrian Peter Schiff hat das so ausgedrückt: „Wir haben uns an den Rand des Bankrotts geliehen und konsumiert, jetzt müssen wir uns zum Wohlstand zurücksparen und zurückproduzieren. Niemand hat gesagt, das werde leicht werden, aber der einzige Weg zur Wiederherstellung einer lebensfähigen Wirtschaft besteht darin, die Illusions- und Betrugswirtschaft kollabieren zu lassen. Wenn wir den Keynesianern folgen [die vom „Paradox des Sparens“ reden und Billionen-Rettungsprogramme fordern], werden die Fehlentwicklungen weitergehen und sich ausdehnen, bis unser Wohlstand, unser Lebensstandard und unsere Leistungsfähigkeit ganz verschlungen sein werden.“

Monetäre Zyklentheorie

Doch haben wir uns bisher ebenfalls nur mit Symptomen beschäftigt und müssen erst noch zum Kern des Geschehens und der Probleme vordringen. Diesen Kern haben die Austrians – nur diese und allen voran Ludwig von Mises! – schon lange herausgeschält. Deshalb sind es auch nur die Austrians, die das wahre Wesen der Krise erklären und die einzig gangbaren Auswege aufzeigen können. Schon Ende der 40er Jahre hatte Mises geschrieben: „Es gibt keinen Weg, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditausdehnung entstanden ist. Die Alternative lautet: Entweder die Krise kommt früher – als das Ergebnis des freiwilligen Verzichts auf weitere Kreditexpansion – oder später – als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.“ Mises konnte zu diesem zwingenden Schluss aufgrund seiner Theorie der Konjunkturzyklen kommen. Das, was man später „The Austrian monetary theory of the trade cycle“ genannt hat, baute er auf drei bereits existierenden Elementen auf: Auf dem Boom-and-Bust-Modell der englischen Currency School, auf Knut Wicksells Unterscheidung zwischen dem natürlichen Zins und dem von der Zentralbank gesetzten Marktzins sowie auf der Kapital- und Zinstheorie seines Vorgängers Böhm-Bawerk. Indem er diese zuvor getrennten Theorien miteinander verknüpfte, konnte Mises zeigen, dass jede künstliche Manipulation des Zinssatzes durch Staat oder Zentralbank einen wirtschaftlichen Boom erzeugt, der unvermeidlich in einen späteren Zusammenbruch münden muss.

Zinsverfälschung und Kapitalvernichtung

Friedrich A. von Hayek hat später mit seinem Werk „Preise und Produktion“ einen weiteren Höhepunkt der Zyklentheorie geschaffen. Man kann nämlich die Zyklentheorie der Austrians nicht verstehen, wenn man nicht zugleich ihre komplexe und fein verästelte Sicht der Preisfunktionen und der Kapitalstruktur in einer Volkswirtschaft verstanden hat. Preise sind nicht einfach Kalkulationsziffern, sondern zeigen die realen Knappheitsverhältnisse aller Güter untereinander an. Es sind Signale, die es jedermann – ob Konsument, Produzent, Sparer oder Investor – ermöglichen, seine Pläne den sich ständig verändernden Gegebenheiten anzupassen. Auch die Zinssätze, die Preise für Kreditgeld, lenken die Aktivitäten von Unternehmern, Investoren, Sparern und Konsumenten auf deren Zeitachse. Wenn z. B. die Konsumenten mehr zukunftsorientiert werden und ihren Gegenwartskonsum verringern, um für spätere Jahre vorzusorgen, dann wirken die höheren Ersparnisse Zins senkend. Und dies wiederum veranlasst die Investoren, mehr Kredite aufzunehmen und in längerfristige Projekte zu investieren. So werden Ressourcen (wie Arbeit, Rohstoffe, Maschinen, Maschinenlaufzeiten) von der Produktion von Gegenwartsgütern wie Autos, Reisen, Fernseher etc. weggelenkt und fließen in Kapital- oder Investitionsgüter, wie Traktoren, Schaufelbagger und Produktionshallen. Wenn nun die Zentralbank die Zinsen künstlich unter das Marktniveau senkt, sendet sie falsche Signale an alle Marktteilnehmer. Unternehmer beginnen zu expandieren, weil die leichter zugänglichen Kredite den Eindruck erwecken, es seien mehr Ersparnisse vorhanden. In Wirklichkeit vermindern die Leute aber ihre Ersparnisse, weil sich das Sparen bei niedrigen Zinsen weniger lohnt. Besonders Firmen, die dauerhafte Güter produzieren – wie Häuser, Möbel und Autos –, befinden sich plötzlich in boomenden Märkten, weil gerade diese Sektoren besonders vehement auf niedrige Zinsen reagieren. Anderen Sektoren, die eigentlich schrumpfen müssten, bleibt der Korrekturprozess erspart, weil Kreditgeld billig ist. Es findet also auch kein Umlenken von Ressourcen aus stagnierenden oder rückläufigen Branchen in die Boombranchen statt. Das „leichte Geld“ zu Niedrigzinsen ersetzt echte Ersparnisse, und diese Täuschung kann nicht lange Bestand haben. Es finden also bei künstlich gedrückten Zinsen nicht nur krasse Verzerrungen zwischen Sektoren (Konsum, Produktion, kurzlebige und langlebige Güter, Gegenwarts- und Zukunftsgüter etc.) statt, sondern auch innerhalb des Kapitalstocks – also bei der Kapitalstruktur der Einzelunternehmen und der gesamten Volkswirtschaft. Freilich: Weil die moderne Wirtschaft so komplex und international verwoben ist, können die illusionären Vorgänge einige Jahre anhalten, wobei im Hintergrund ständig Kapital vernichtet oder der künftigen Vernichtung zugeführt wird.

Falscher Reichtum und echte Schulden

Politiker und Zentralbanken erwecken den Eindruck, als könnten sie den Prozess des leichten Geldes und des permanenten Booms unendlich fortsetzen und jeden Knick im Wachstumspfad mit Massen neuen Geldes und neuer Kredite ausbügeln. In Wirklichkeit addieren sich damit die unbereinigten Fehlstrukturen und wächst die Verschuldung von Staat, Unternehmen und Privaten ins Uferlose. All die vielen neuen Häuser und Autos, Fabriken und Schiffe, und all die in den Himmel wachsenden Vermögen aus Aktien und Anleihen, aus Fondsanteilen und Lebensversicherungen, aus Neukreationen von Schuldpapieren, sind überwiegend nur Scheinreichtum, eine Fata Morgana, die sich irgendwann in Nichts auflösen muss. Das aktuelle Desaster ist keineswegs eine Liquiditätskrise, wie ständig behauptet wird, sondern eine Struktur- und Verschuldungskrise von welthistorisch nie gesehener Dimension, und die kann man nicht mit neuen Schulden aus der Welt schaffen. Je länger die Ernüchterung hinausgeschoben wird – mit neuen Illusionspapierchen und Kreditschulden –, desto furchtbarer wird der Tag (oder die Jahre) der Abrechnung bis hin zu Währungsreformen (= Totalvernichtung der Ersparnisse der Bürger), politischen Umstürzen, totalitären Regimes, Verelendung, Knechtschaft und Krieg. So wie gesundes Geld, also Geld, das ursprünglich am freien Markt – meist in Form von Goldgeld – entstanden ist, die Zivilisation erst möglich gemacht hat, durch Förderung der Arbeitsteilung und durch dramatische Senkung der Transaktionskosten bei allen Tauschvorgängen, so führt das deckungslose Falschgeld und die nur mit ihm betreibbaren Marktverzerrungen der Politik die Völker auf den grauenhaften Pfad in die Entzivilisierung. Hayek hat in seinem Werk „Die Entnationalisierung des Geldes“ die Zulässigkeit von freiem und konkurrierendem Privatgeld als den einzigen Weg bezeichnet, auf dem es uns noch gelingen kann, die Zivilisation zu retten. Solange Staat und Politik, Zentralbanken und das Bruchteilsreserve-Bankwesen das Geld beherrschen, wird das beliebig erzeugbare Papiergeld immer wieder die Lebensleistungen der Menschen vernichten und immer wieder zu seinem „wahren inneren Wert zurückkehren“, wie Voltaire gesagt hat, „nämlich zu null“. Die segensreiche Wirkung der Goldwährung lag ja gerade darin, dass Gold nicht beliebig vermehrt werden konnte – und Geld seine Kaufkraft dauerhaft behielt. Atombomben werden die Menschheit vielleicht in die Steinzeit zurückwerfen, Fiat Money aber ganz sicher.

Trojanisches Pferd „Sozialismus“

Die tiefste Ursache für die Tatsache, dass Keynesianer und andere Mainstream-Ökonomen das Heraufziehen der aktuellen Weltdepression nicht erkannt haben, liegt in einem Phänomen begründet, das ich den „Basis-Irrtum von Keynes“ nennen möchte. Es handelt sich dabei um einen Erkenntnismangel, den fast alle nachfolgenden Ökonomen blind übernommen haben. Keynes hat die Große Depression der 30er Jahre den „inneren Ungleichgewichten“ des Kapitalismus zugeschrieben. Und das war völlig falsch. Keynes wollte zwar den Kapitalismus vor dem Sozialismus retten, indem er zur politischen Korrektur der „Unzulänglichkeiten“ des Marktes aufrief. Er hat aber nicht erkannt, dass der Kapitalismus nicht aus sich heraus instabil geworden war, sondern dass seine Implosion in dem Moment unvermeidlich werden musste, als seine beiden wichtigsten Funktionselemente durch zwei sozialistische Institutionen ersetzt wurden: Das Geld (Gold) durch das staatsmonopolistische Fiat Money und der Marktzins durch das zentralplanwirtschaftliche Zinsdiktat der Zentralbanken. Beides geschah in den USA mittels politischen Handstreichs durch Gründung des Federal Reserve Systems im Jahr 1913 und durch die alsbald folgende Abschaffung der Goldeinlösepflicht für den Papierdollar. Dies war „politisch notwendig“, weil man den 1. Weltkrieg mit echtem Geld nicht hätte führen können. Von da an war der Blutkreislauf des Kapitalismus vom sozialistischen Geld vergiftet – und sein Orientierungssinn durch falsche Zinssignale verwirrt. Daraus erklärt sich auch, dass die Menschheit in ihrer gesamten Geschichte nie so viel Inflation, Wirtschaftskrisen und Währungskrisen erlebt hat wie im 20. Jahrhundert. Die ökonomischen Gesetze lassen sich durch politischen Willen genauso wenig verändern wie die Gesetze der Schwerkraft.

Falsche Diagnose führt zu falscher Therapie

Da Keynes diese marktfremden Elemente nicht als Ursache der Depression erkannte (oder erkennen wollte), machte er sich auf die Suche, die Schuldigen in originären Funktionselementen der Marktwirtschaft zu finden – wie z. B. im Sparen und in der Preisbildung. Daher rührt die Absurdität seiner Theorien, die von vielen Wissenschaftlern der Austrians widerlegt worden sind. Dieselbe Blindheit und dasselbe Muster der Schuldigensuche finden sich in den Erklärungsversuchen zum gegenwärtigen Desaster. Wiederum werden die Symptome der Krankheit als Ursachen ausgegeben. Wiederum heißt es, die Selbstregulierungskräfte des Marktes hätten versagt, und der Staat müsse das Finanzsystem regulieren, kontrollieren und vor seinen eigenen Zerstörungskräften retten. Eine Wahnvorstellung und das Gegenteil der Wahrheit. Weil die Ökonomen das herrschende (sozialistische) Geldsystem ebenso fraglos akzeptieren wie die installierte (sozialistische) Zins- und Kreditmechanik, müssen sie sich zwangsläufig bei schweren Störungen darauf konzentrieren, die Fehler sinnloserweise „in den Marktmechanismen“ zu finden. Aus der falschen Diagnose folgt notwendig die falsche Therapie. Der sozialistisch vergiftete Wirtschaftskörper wird mit neuem sozialistischem Gift, mit Easy Money, Niedrigstzinsen und noch mehr Schulden vollgepumpt. Er wird daran zugrunde gehen. Wie verbogen müssen „Wissenschaftler“ sein, die zwar erkennen, dass die maßlose Kreditauftürmung die unmittelbare Ursache der Probleme war, zugleich aber zu deren Überwindung noch maßlosere Kredite und Schulden empfehlen. So wie Mises – und nach ihm die meisten anderen Austrians – das Wesen des Sozialismus bis in seinen tiefsten Kern verstanden haben, so erkannten und erkennen sie auch die wahren Ursachen der sich wiederholenden Boom-and-Bust-Zyklen. Die Austrian Business Cycle Theory ist keine Theorie der „Zyklen des Kapitalismus“, die es bei freien Märkten gar nicht oder nur als geringe und kurzlebige Ausschläge geben würde, sondern eine Theorie der von staatlichem Interventionismus und staatlichen Institutionen verursachten Auf- und Abschwünge. Hinsichtlich der Überwindung der aktuellen Weltfinanzkrise und zur Vermeidung künftiger Desaster dieser Art kann deshalb der Ratschlag der (meisten) Austrians an die politischen Entscheidungsträger nur lauten: Schafft die Zentralbanken ab und gebt den Leuten gesundes Geld (Goldgeld oder konkurrierendes Privatgeld im Sinne der Hayek-Vorschläge), lasst die faulen Banken und Unternehmen bankrott gehen und die gesunden blühen, hört auf, am Wirtschaftskörper herumzudoktern, sondern lasst die Menschen und ihre freien Märkte in Ruhe. Sie wissen, wie man Wohlstand erzeugt, Ihr aber wisst nur, wie man Geld verschwendet und Wohlstand vernichtet. Lasst den Kapitalismus seine segensreiche Arbeit machen (wie er sie ohne eure politische Klempnerei im 19. Jahrhundert mit einer beispiellosen Reichtums- und Fortschrittsdynamik gemacht hat), statt ihn permanent zu vergiften und ihm danach die Schuld an den Folgekrankheiten in die Schuhe zu schieben. Was die Welt braucht, ist kein „gebändigter“, sondern ein vom Staatssozialismus befreiter Kapitalismus.

aus Smart Investor 7/2009, S. 22-27