„Wieviel Staat braucht die Krise?“


Der Bock als Gärtner

Die Schlagzeilen zur Weltfinanzkrise verkünden unisono: „Der Kapitalismus hat versagt / Es wurde zu wenig reguliert / Nur der Staat kann der Retter sein.“ Wären das nur politische Parolen, könnte man sich trösten, denn Politik und Wahrheit waren noch nie Brüder. Fatal aber ist, dass auch fast alle Ökonomen in diese Melodie einstimmen. Und die ist schrecklich falsch. In Wahrheit hat nicht der Kapitalismus versagt, sondern – wieder einmal – der Sozialismus. Der Lebenssaft der Marktwirtschaft ist das Geld. Und das besteht seit dem Ende des echten Marktgeldes (des Goldes) aus staatsmonopolistischem Falschgeld in Form deckungsloser Papierfetzen und ankerloser Kredite. Der wichtigste Preis in einer Marktwirtschaft ist der Preis des Geldes, der Zins. Und ausgerechnet der wird von den Notenbanken zentralplanwirtschaftlich diktiert. So werden a) der Blutkreislauf des Kapitalismus sukzessive vergiftet und b) seine Preissignale permanent falsch gestellt. Das kann letztlich nur im Zusammenbruch enden.

Hinzu kamen jahrzehntelang unzählige Regulierungen. Was Greenspan mit der Geldmenge getrieben hat, weiss jedermann. Das Federal Reserve System (kurz: die „Fed“) ist zwar angeblich privat und unabhängig, aber in Wahrheit eine Marionette der US-Regierung. Was die – zunächst implizit und später explizit – mit Staatsgarantie versehenen Hypotheken-Giganten Fannie Mae und Freddie Mac getrieben haben, hat sich ebenfalls herumgesprochen. Die meisten US-Hypotheken für Wohnhäuser wurden staatsbefohlen „sozialpolitisch“ gewährt. Jeder Amerikaner sollte ein Eigenheim haben, ob er es sich leisten konnte oder nicht. Dann wurden weltweit die Bilanzierungsregeln der Finanzinstitutionen „reformiert“, weg vom jahrhundertealten Prinzip der Vorsicht („prudence“) auf das neue Prinzip des „fair value“. Die Folge waren babylonische Türme aus scheinbar werthaltigen Finanzpapieren, die einstürzen müssen, wenn auch nur ein Baustein schwach wird. Weitere Regulierungen sind Legion. So hat z. B. der US-Congress 1993 die steuerliche Absetzbarkeit für Führungsgehälter mit 1 Mio. USD beschränkt. Also sind die Unternehmen auf Aktienoptionen für ihr Topmanagement ausgewichen, was deren Gewinn- und Umsatzanreize pervertiert hat. Die jahrelang (bei geschönten Teuerungsraten) stark negativen Realzinsen haben – umrahmt vom „Vorbild“ uferloser Staatsverschuldung – auch den Privatsektor in Verschuldungsorgien gelenkt. Das krasse Fehlverhalten von Managern und Finanzjongleuren ist unbestritten, aber gleichwohl nur Symptom und nicht Ursache der Misere. Unzählige weitere Weichen waren sozialistisch gestellt, staatsgelenkt und staatsreguliert. Und nun soll dieser Bock zum Gärtner gemacht werden?!

Die Weltfinanzkrise (demnächst Weltdepression) ist Ausfluss einer historisch beispiellosen Verschuldung. Allein das Derivatevolumen steht beim 12-fachen des Weltsozialprodukts. Die Krankheit mit neuen Billionenschulden heilen zu wollen, heisst Feuer mit Benzin löschen. Die Depression ist die Heilungskur. Der Schüttelfrost ist die Katharsis, die der Drogensüchtige durchstehen muss, wenn er „clean“ werden will. Ihm neue Drogen zu spritzen, kann sein Leiden vorübergehend mildern, führt aber zum verlängerten Todeskampf mit finalem Exitus. Man gebe uns echtes Marktgeld (u. a. Gold und Silber), man schaffe die Zentralbanken ab und reduziere Politik auf ein Minimum. Der Kapitalismus könnte dann störungsfrei funktionieren. China, obwohl von der Marktwirtschaft nur „angehaucht“, lässt ahnen, wie gut es der Menschheit gehen könnte, hätte sie endlich die reine, sozialismusfreie Version.

aus: Going Public Magazin, März 2009, S. 17